Impressum/Disclaimer
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Eterna
820 652 |
Peter
und der Wolf
Das
häßliche junge Entlein
Drei
Kinderlieder |
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Sergej S. Prokofjew (1891-1953) |
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Peter und der WoLf op.
67 (1936)
Ein musikalisches Märchen
Mathias Wieman, Sprecher
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Fritz Lehmann |
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Das häßliche
junge Entlein op. 18
nach einem Märchen von
Andersen |
Drei Kinderlieder op. 68
Schwatzlieschen
Text : A. Barto
Deutsch : E. J. Bach
Süße Grüße
Text: N. Sakónskaja
Deutsch : E. J. Bach
Die Ferkelchen
Text : Kwitko
Deutsch : E. J. Bach (1891-1953)
Peter Schreier, Tenor
Walter Olbertz, Klavier |
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Covertext
Man muß sich weit umsehen
in der Musikgeschidhte, um einen Komponisten zu finden, der so wie Sergej
Prokofjew Werke für die Jugend, Werke für und über die Kinder
geschrieben hat. Vereinzelt wurden sie mit Liedern bedacht, namentlich
in der Romantik und im Biedermeier.
Sehr beliebt waren einmal die von Carl Reinecke, in neuerer Zeit die von
Leo Blech. Spricht man von Musik für Kinder, fällt das Stichwort
"Kinder-Sinfonie", die früher als ein Werk von Joseph Haydn galt,
neueren Forschungen nach allerdings Leopold Mozart, dem Vater von Wolfgang
Amadeus, zuzuschreiben ist. Zahlreiche Kinderlieder, aber auch Kinderchöre
(mit entsprechend leichtem Orchesterpart) schrieb Joseph Haas, die sich
in Schulchören großer Beliebtheit erfreuen.
Sergej Prokofjew hatte ein
großes Vorbild: Modest Mussorgski. Dessen "Kinderstube" ist immer
noch unerreicht in der echten Kindertümlichkeit sowohl des von ihm
selbst stammenden Textes wie in der Treffsicherheit der Vertonung. Kinder
und Erwachsene können sich daran erfreuen - ein gütiger Freund
der Kinder spricht aus ihnen.
Von diesen Liedern aus geht
der Weg direkt zu Prokofjews "Romanze" (so hat der Komponist das Werk einmal
genannt) über Andersens "Märchen vom häßlichen jungen
Entlein" op. 18. Auch Prokofjew war sein eigener Textdichter, indem er
den Prosatext Andersens für seine Zwecke etwas kürzte. Es ist
die Geschichte von dem Schwan, der in einem Entennest ausgebrütet
wurde und seines von den vermeintlichen Geschwistern abstechenden Aussehens
wegen als "häßliches Entlein" galt und dementsprechend verachtet
und verspottet wurde. Das sollte sich aber ändern. Denn es kam nach
einem bösen kalten Winter der Frühling, das vermeintliche Entlein,
sah im Wasser sein Spiegelbild und sah, daß es kein häßliches
Entlein ist, sondern ein schöner Schwan, dem die anderen schönen
Schwäne zärtliche Küsse schenkten.
Die "Moral von der Geschicht'"
angewandt auf das menschliche Leben: man muß die Entwicklung eines
Menschen abwarten, um ihn recht beurteilen zu können. Dieser echt
humanistische Gedanke mag Prokofjew bewogen haben, Andersens Märchen
zu vertonen. Dabei knüpfte er auch in der Technik an Mussorgski an.
Wenn er nämlich versuchte - wie dieser in der Oper "Die Heirat", die
Mussorgski den "Versuch einer "Opera dialogue" nannte, die Intonation der
russischen Sprache (es handelt sich ja um Prosa!) wiederzugeben. Die "durch
den Wortsinn gerechtfertigte Melodie" (Mussorgski) finden wir im "Häßlichen
Entlein" auf Schritt und Tritt. Man kann es aueh in der deutschen Übersetzung
nachfühlen, zumal die Klavierbegleitung das Nötige dazutut, den
Text verständlich zu machen, so wenn gleich zu Beginn das Bild des
schönen, von der Sonne überglänzten Dörfleins entworfen
wird (ein Bild, das zum Schluß wieder erscheint und der Komposition
den festen Rahmen gibt), wenn wir die Eier platzen hören, aus dem
die Entlein schlüpfen, wenn wir sie watscheln sehen, wenn uns Gesang
(die Deklamation geht oft in echten Gesang über) und Begleitung zu
Mitleid mit dem häßlichen Entlein bewegen, wenn wir bei der
klirrenden Kälte der Winter-Akkorde mit ihm frieren - unzählige
Köstlichkeiten entzücken uns, die Kinder, die ihren Spaß
daran haben, und die Erwachsenen, die auch die Details zu würdigen
wissen.
Zweiundzwanzig Jahre später
legte Prokofjew den Kindern neue Gaben auf den Tisch: leichte Stücke
für Klavier (op. 65) und "Drei Kinderlieder" (op. 68) von denen das
erste, "Schwatzlieschen", direkt aus der"Kinderstube" stammt. Die kleine
Lida plappert in einem humorvollen Parlando, unterbrochen von dem einen
Refrain bildenden Moderato der Einleitung, das auch als Schluß verwendet
wird ("Nun, ich spreche kaum ein Wort"), von ihren schweren Schulaufgaben.
Es folgen das leicht eingängige Liedchen "Süße Grüße"
mit harmonischen Überraschungen und das drei Jahre später nachkomponierte
"Die Ferkelchen"; nicht weniger lustig und erheiternd als das Geschwätz
der kleinen Lida ist das Gespräch zweier Jungen, die sich in einem
Kolchos Ferkel ansehen wollen, sehr stark an die Intonation eines russischen
Volksliedes erinnernd in Musik umgesetzt. Köstlich auch der stimmungsvolle
Ausklang, wenn die Ferkelchen schlafen gehen. Kinder haben ihre helle Freude
an diesem Geschenk eines sie so gut verstehenden Künstlers. In Peter
Schreier, dem heute schon berühmten jungen lyrischen Tenor, wurde
der ideale Interpret für diese Werke gefunden.
Zwischen den Klavierstücken
und den Liedern steht das Werk, das Prokofjew wohl am populärsten
gemacht hat, und zwar in der ganzen Welt. In unzähligen Konzerten
ist das "Musikalische Märchen für Kinder" "Peter und der Wolf"
op. 67 erklungen, und die Zahl seiner Schallplatten-Aufnahmen stellt einen
Welt-Rekord dar. (In der DDR - Alfred-Holz-Verlag - ist überdies ein
dazugehöriges bezauberndes Bilderbuch erschienen.) Prokofjew schrieb
das Werk 1936 im Auftrag des kurz zuvor eröffneten Zentralen Kindertheaters.
Den Text verfaßte er selbst; er schildert; wie der kleine Peter den
bösen Wolf überlistet (so war auch der ursprünglichs Titel).
Man braucht die Handlung nicht lange zu erzählen, denn sie wird von
einem Sprecher vorgetragen, nicht als Melodram, in dem das gesprochene
Wort mit Musik untermalt ist, sondern in einer Folge von Szenen, die jeweils
vom Sprecher angesagt und dann vom Orchester illustriert und weitergeführt
werden.
Dabei verfolgt Prokofjew auch
einen pädagogischen Zweck. Nicht nur zum Vergnügen musiziert
er, er will auch erziehen, zum Verständnis für die Tierwelt,
die das Kind kennen und lieben lernen soll, er will sie auch musikalisch
bilden. Das geht aus dem Vorwort zur Partitur hervor, in dem es heißt:
"Jeder Charakter in dieser Erzählung ist durch ein bestimmtes Instrument
im Orchester vertreten: der Vogel durch die Flöte, die Ente durch
die Oboe, die Katze durch die Klarinette, der Großvater durch das
Fagott, der Wolf durch drei Hörner, Peter durch das Streichquartett,
die Gewehrschüsse durch die Pauke und durch die Große Trommel.
Es ist wünschenswert, daß vor der Aufführung mit Orchester
(der Komponist hat für Aufführungen durch Laien oder Schulorchester
die Bläser durch Klavier vierhändig ersetzt) diese Instrumente
den Kindern vorgeführt werden, wobei die wichtigsten, den einzelnen
zukommenden Motive vorzuspielen sind. Auf diese Weise werden die Kinder
lernen, während der Aufführung die Spezial-"Farbe" dieser Instrumente
zu identifizieren!"
Jene Motive sind so "sinnlich"
und sinnhaft, daß sie sich leicht einprägen, daß ihre
"Funktion" leicht zu verstehen ist. Aus ihnen ist diese meisterhafte und
mit Liebe geschriebene Partitur zusammengesetzt, in der man unschwer die
Hand eines Meisters auch im Aufbau eines dreiteiligen Ablaufs - Exposition,
Durchführung, Reprise - erkennen kann.
Karl Laux |
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