Impressum/Disclaimer
Dieses "Tagebuch" führte meine Oma zwischen Oktober 1983 und Februar 1985 um die Versorgungsmängel zu dokumentieren, die eben zu jener Zeit in der guten (???) alten (gott-sei-dank) DDR so üblich waren. Ich habe es 1:1 hier abgetippt (inklusive Unterstreichungen und einer manchmal beträchtlichen Zahl an Ausrufungszeichen). Für nicht mit dem DDR-Alltag vertraute Leser habe ich an gegebener Stelle kursive Erläuterungen eingefügt. Danke, danke, danke an meine Oma für die nette Bereitstellung ihrer Aufzeichnungen!
Lieber speichern und offline lesen! Viel Spaß!!!

"Aus Handel und Versorgung"



Mo. 10. 10. 83

  • "Alter Konsum"(Oranienbaum besaß 2 Verkaufstellen: den "Alten Konsum" und "Johns (gesprochen Joons) Konsum" - beide waren natürlich nicht privat geführt, sonder gehörten der DDR-Konsumgesellschaft an) bis 12.30 Uhr geschlossen (aus technischen Gründen)
  • "Johns" ab 10 Uhr : Brötchen ausverkauft (10 Uhr !); keine Kaffeesahne
  • Apotheke noch keine Lieferung, Augentropfen erst am Donnerstag!
11. 10.
  • Kein Fixierer zu bekommen ! (Fotos hat man aus Kostengründen häufig selbst entwickelt - Farbfotos waren ohnehin ziemlich unerschwinglich)
17. 10.
  • Schlange stehen nach einem Korb in der Buchhandlung (Dessau Museum). Während die Kunden ihre Bücher selbst einwickeln, stehen 5 Verkäuferinnen gelangweilt nebeneinander am Buchregal gegenüber und werden dafür auch noch bezahlt!!
19. 10.
  • 10.45 Uhr BHG(Bäuerliche Handelsgenossenschaft - heute würde man "Baumarkt mit Gartenbedarf" dazu sagen - natürlich auch staatlich) wegen Schulung geschlossen
  • Neue Kaufhalle "Leipziger Tor" besichtigt. Nicht mal hier gab es Schnittkäse.
20. 10.
  • BHG O'baum: "Heute ab 13 Uhr geschlossen" (ohne Begründung)
30. 11.
  • Reinigungssachen werden nur im beschränkten Maße angenommen - Gardinen z. B. gar nicht - da Reinigungsmittel knapp sind!
31. 10.
  • Kein Mostrich!
1. 11.
  • Toiletten im Konsument: 3 Türen ohne Klinken, mit Bindfaden durch Loch gezogen, aufzumachen, eine mit Klinke, dafür innen ohne Haken!!
2. 11.
  • Für Mostrich muß man ein Gefäß mitbringen!
  • BHG geschlossen ohne Begründung!
11. 11.
  • Keine Wandhaken zu bekommen, in allen! Geschäften gefragt.
  • "Junge Welt" fehlt
17. 11.
  • Apfelgeleegläser ohne Etikett, so daß alle Leute erst mal annahmen, Honig erwischt zu haben!
  • Schokoladentafeln nur zwischen 6,- und 8,- M !
14. 11.
  • Putenbrust ("Magnet") (Kaufhaus in Dessau) zäh wie "Juchtenleder " für 4,50 M!
28. 11.
  • Haselnüsse wurden abgewogen, waren aber zum Verkauf noch nicht freigegeben!
  • Paketfach in Brandhorst immer schwer aufzukriegen - heute brach der Schlüssel ab! (In den Dörfern war es üblich, nicht an jedem Haus einen Briefkasten zu haben. Sie wurden an zentraler Stelle im Dorf aufgestellt: für jeden Haushalt einer für Zeitung, Briefe etc. sowie für alle ein größeres "Paketfach", da es ohnehin unwahrscheinlich war, daß mehr als ein Paket pro Tag ausgeliefert wurde. Man ging dann täglich "Post holen". Hatte man ein Paket, befand sich der Schlüssel zum Paktfach in seinem Zeitungskasten.)
2. 12.
  • Dienstleistung (ein Laden der genau das anbot - also Reinigung etc.) Freitag nachmittag geschlossen - wegen Schulung, was sich als Weihnachtsfeier entpuppte.
5. 12.
  • Kalender nicht zu bekommen, nur "unterm Ladentisch".
  • Apfelsinen und Bananen - riesige Schlangen in Dessau.
  • Weihnachtsmarkt kannst du vergessen!!
  • Paketkasten nach vor einer Woche abgebrochenem Schlüssel, da miserables Material, selbst mit Meißel geöffnet! (nach Erlaubnis von der Post) Der Zuständige aus Bitterfeld (auch der nächste Weg und die "einfachste Lösung"!) kam nicht.
  • Für bestelltes Buch braucht der Verlag mindestens 10 Wochen, um herauszufinden, ob es überhaupt lieferbar ist!!
6. 12.
  • "Johns Konsum" 14.30 Uhr geschlossen ohne Angabe eines Grundes. Da der "Alte Konsum" planmäßig dienstags geschlossen hat, warten die Kunden geduldig bis nach 15 Uhr endlich geöffnet wird - ohne Kommentar, versteht sich!
7. 12.
  • Riesenschlange vor "Obst und Gemüse" in Dessau. Es gab Mandarinen.
12. 12.
  • Es gab Salzheringe, eine lange Schlange wartet bei -10° , ohne mich. Lieber essen wir keine!
12. 1. 84
  • Seit Tagen kein Kohlkopf zu kriegen.
  • Brötchenladen Mittwoch nachmittag geschlossen, Verkaufsstelle Kakau und Horstdorf ebenfalls. Brötchen selbst gebacken.
2. 2.
  • Das Anfang November bestellte Buch noch nicht da. Nach Anfrage folgender Bescheid: Eine Wartezeit von 1/4 Jahr!! - Ganz normal, auch eine Absage braucht so viel Zeit. Trotz Einschalten verschiedener Institutionen, sogar Regierungsvertreter, keine Änderung. Mit EDV dauert es eben so lange!!!
4. 2.
  • Nur "Freiheit"! BE (Bauern Echo) und JW (Junge Welt) fehlen!
6. 2.
  • Polyklinik Kinderabteilung: 4 h Wartezeit, auch mit fieberkranken Kindern. Im Wartezimmer ca. 40 Kinder und Mütter, alles hustet, niest, weint, schreit, quengelt. Welches Kind erträgt schon 4 Stunden Wartezeit, noch dazu, wenn es krank ist. Zwischendurch wurde alles auf den Flur geschickt, weil gerade mal eine Reinigungskraft da war, die das Wartezimmer, das laut Aussage der Schwester seit Dezember nicht gewischt war (man höre und staune!! - was sagt dazu die Hygiene?) wischen wollte. Der Aufenthalt auf dem Flur dauerte eine Stunde, die Mütter stehend mit den Kindern auf dem Arm. Das Ganze ist eine Zumutung für die Ärztin, die Mütter und die kleinen Patienten!
  • Fixiersalz noch immer nicht zu bekommen, auch kein Fotopapier.
7. 2.
  • Fixiersalz schon wieder alle!!!
14. 2.
  • Peter (mein Onkel) bestellt zum Kaufvertrag (Auto) nach Alten (Stadtteil von Dessau). Wartezeit im Freien bei Kälte 1 1/4 Stunden. Kaufvertrag abzuschließen dauert 5 min. . Wünsche bzgl. Farbe, Rollgurte usw. können kaum berücksichtigt werden!
21. 2.
  • Bei Frau Dr. Sch.: Sprechstundenbeginn laut Aushang 8.00 Uhr, Patienten dazu bestellt. Tatsächlicher Beginn ca. 9.30 Uhr, da vorher Parteiversammlung in Gräfenhainichen!!
16. 3.
  • Uwe (noch ein Onkel) in Berlin: keine Gitarrensaite, kein Fixiersalz, keine Nadel für Plattenspieler, kein Schnittkäse, dafür jede Menge Polizei, vor allem "Unter den Linden". Als Uwe und Karsten am Brandenburger Tor im Gespräch feststellen, daß die Straße bis zur Mauer führt, werden sie von einem Polizisten nach ihren Papieren, und ob sie Urlaub haben!! gefragt.
22. 3.
  • Autokauf, besser Autozuteilung. Peter bekam Bescheid, sein Auto am 19. 3. 7 Uhr abzuholen. Jedes Auto ist bereits vorher für einen bestimmten Kunden vorgesehen (mit Nummer versehen). Wenn man Glück hat, ist man mit der Farbe usw. einverstanden. Hat man andere Wünsche, muß man unverrichteter Dinge wieder abziehen und weiter warten, auch wenn das gewünschte Auto vorhanden ist. Aber das war ja schon einem anderen zugeteilt. So ging es einem Arbeitskollegen von Peter, der sein Auto von Halle holen mußte - es kann auch Weißenfels sein - und ein kakigelbes Auto zugeteilt bekam. Da er mit einen "Postauto" nicht zufrieden war, muß er weiter warten - obwohl -zig andere dastanden!!
28. 3.
  • Keine Bratpfannne zu bekommen, weder rund noch oval, seit kurz nach Weihnachten nicht im Handel gewesen!
5. 4.
  • Kein Quark, schon seit 2. 4. nicht; kein Schnittkäse, kein Benzin, weder in O'baum noch Wörlitz noch Zschornewitz noch Gräfenhainichen.
24. 4.
  • Seit Wochen kein Bäume-Spritzmittel.
  • Seit Monaten kein Kräutertee!! - Lieferung übermorgen!!
  • Kein Badezusatz - Lieferung evtl. morgen!
  • Nach wie vor keine Bratpfanne!
4. 6.
  • Rückkehr in die DDR: Unfreundliche Leute an der Grenze, die kommandieren und nicht in der Lage sind, in einem normalen Ton mit den Reisenden zu reden, unnahbar in höchster Potenz.
  • Die Schienen in einem Zustand, daß man Angst hat, aufzustehen, weil man sich nur schwer auf den Beinen halten kann - wie Seegang bei Windstärke 9 - 10. Im Sitzen muß man aufpassen, daß der Kopf nicht vom Hals fällt.
  • Wartesaal Halle: Zur Abwechslung stand auf diversen Tischen, wo sonst "reserviert" oder "hier wird nicht bedient" steht: "nur für Reisende ohne Verzehrwünsche". Naja, mal was anderes, aber mit gleichem Ergebnis.
  • Klopapier in der Herrentoilette nicht vorhanden, auch sonst total besch... - alles in Halle unserer Bezirkshauptstadt auf dem Bahnhof! - Damentoilette war in Ordnung.
12. 6.
  • Klopapier kann man in O'baum nicht kaufen, auch an den übrigen Tagen der Woche nicht. Papierladen wegen Krankheit geschlossen
  • 2 Tage keine Brötchen - Maschin' kaputt!
14. 6.
  • Beim Fleischer ziemlich ärmlich, Lieferung reicht nicht von einer zur andern.
13. 6.
  • BHG wegen Inventur geschlossen
20. 6.
  • Kaninchen können nicht geimpft werden - kein Impfstoff. Kommt aus der CSSR, Vertrag hätte verlängert und erweitert werden müssen, nicht gewußt, daß Anzahl der Kaninchen so ansteigen würde!!
  • Straßenbau: Abflußrohr in Kakau trotz Protest der Anlieger zubetoniert, nach 10 Tagen mit Preßluftbohrer wieder freigelegt!! (Schildbürgerstreiche!)
  • BHG: Pflanzenschutzmittel wieder und wieder!! Evtl. nach Lieferung!
27. 6.
  • BHG: Es gab Leitern, riesige Schlange!
15. 7.
  • Keine Nägel zu bekommen!
17. 7.
  • Endlich Nägel in Magdeburg bekommen.
  • In ganz Dessau kein Fleckenwasser!
19. 7.
  • Nach wie vor keine Bratpfanne (siehe Eintrag vom 28. 3.), kein Bügelbrett, kein Kräutertee (siehe 24. 4.).
20. 7.
  • Vergeblich nach Nägeln gefragt in: O'baum, Gossa, Gräfenhainichen, Wittenberg, Roßlau!!!
12. 8.
  • "Alter Konsum" bis 11.30 Uhr wegen Fliegenbekämpfung geschlossen
13. 8.
  • Keine Filtertüten seit Anfang August!
31. 8.
  • Es gab Kräutertee!
3. 9.
  • BHG: Torfangebot, abgepackte Beutel auf der Straße, konnten nicht verkauft werden, da der Preis nicht bekannt war.
4. 9.
  • Torfverkauf: Beutel 5, 90 M. Zu Haus besehen, war es kein Torf sondern abgehobener Dreck mit Borke dazwischen.
13. 9.
  • Zug nach Leipzig fast 2 h Verspätung, Interzonenzug (zwischen "Ost" und "West") weg.
  • Kiosk im Zoo wegen Krankheit geschlossen, später dusselige Behandlung durch den Klomann, kein Papier, Brille nicht befestigt.
25. 9.
  • Beim Arzt: Kleines Schild an der Wartezimmertür "Die Sprechstunde geht in 15 min weiter" (daraus wurden 45 min, "man" war nur mal Kaffeetrinken gefahren!!)
  • Nati erfährt "äußerst höfliche" Behandlung durch die Polizei. Anschnauzer, weil sie es gewagt hatte, ohne Aufforderung einzutreten. Dabei war die Tür offen, und es war kein "Kunde" drin.
28. 9.
  • Kein Pentalong (Herzmedikament) in O'baum, in Dessau nur eine Rolle.
  • Keine Augentropfen in O'baum und Wörlitz
  • BHG wieder zur Verkaufszeit geschlossen
8. 10.
  • Aus Hamburg zurückgekehrt! Beide Autos (Trabi und Wartburg) nicht fahrbereit. Uwe bekam am 13. 10. Auf eine Annonce in Dessau ein gebrauchtes Getriebe.
  • Unser "Trabi" brauchte ein Bremsventil, nach langem Bemühen durch Beziehung am 11. 10. Eins im Austausch bekommen.
  • Bremsflüssigkeit Mangelware!
12. 10.
  • Kein Käse!! Mangelware! Ein Stück "unter dem Ladentisch" bekommen.
15. 10.
  • Kein Pentalong, nach dem 19.10 nachfragen!! Es handelte sich um die beiden restlichen Rollen vom 28. 9.!
7. 1. 85 - Inzwischen keine Lust zum Eintragen gehabt.
Rückerinnerung:
  • Um die Weihnachtszeit bis heute nur Delikatkäse (100g = 2,50M)
  • Nach Apfelsinen gab es ewiges Schlange-stehen
  • Für unser Badezimmer kauften wir einen neuen Ofen, aber ein Knie ist bis heute nicht aufzutreiben, daher der Ofen unbenutzbar.
  • Badeofen ging auch kaputt, zum Glück bekamen wir bei "Heintze" einen neuen (den letzten), leider nur 80 Liter. Andere werden nicht mehr hergestellt.
  • Nach Bratpfanne, Bügelbrett frage ich nach wie vor umsonst.
  • Kinderspielsachen zu Weihnachten - ein miserables Angebot!
6. 1.
  • Abends Stromausfall
7.1.
  • Kein Kohlenanzünder, kein Ofenknie
12. 1.
  • 1. Anruf aus Hamburg, so leise, daß nichts zu verstehen war.
  • 2. Anruf: erst in Brandenburg gelandet, war gerade noch zu verstehen, dann war es wieder aus.
  • 3.: Daraufhin 8.30 Uhr ein Gespräch angemeldet. Wann wird es kommen? 14 Uhr ist es noch nicht da.
6. 2.
  • Nach wie vor kein Kohleanzünder, kein Kräutertee!
  • Keine Blume in Dessau zu bekommen.

  • Vom Arzt verordnete Tabletten nur eine Packung erhältlich, wieder nachfragen am 18. Oder 19. 2.

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