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Amiga 855 151 LYRIK
JAZZ
PROSA

Gibt's 
wieder!
siehe HIER
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Seite 1

WHEN IT'S SLEEPY TIME DOWN SOUTH 
(Rene - Rene - Muse; arr. Walter Bartel)
(Erkennungsmelodie der Jazz-Optimisten Berlin)
Jazz-Optimisten Berlin Sprecher: Werner Sellhorn

DIE KUH IM PROPELLER 
(Michael Sostschenko; deutsch von Grete Willinsky; 
aus dem Band "Der verborgte Ehemann",
Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1957) 
Sprecher: Manfred Krug 

LIED DER WOLGASCHLEPPER
(russisches Volkslied; arr. Volker Kaufmann) Jazz-Optimisten Berlin 

DER HASE IM RAUSCH
(Sergej Michalkow; deutsch von Bruno Tutenberg; 
aus dem Band "Sternenflug und Apfelblüte", 
Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1963)
Sprecher: Eberhard Esche 

MY FUNNY VALENTINE
(Rodgers - Hart; arr. Hermann Anders)
Manfred Krug (voc) Jazz-Optimisten Berlin 

DIE ARME FRAU
(Kurt Tucholsky; 
aus dem Band "Von Rheinsberg bis Gripsholm", 
Verlag Volk und Welt, Berlin 1965)
Sprecher: Annekathrin Bürger

WE SHALL OVERCOME 
(Traditional; arr. Volker Kaufmann)
Manfred Krug (voc, g) Ensemble "Lyrik - Jazz - Prosa" 
(voc) Rainer Riedel (d)

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DER ENGEL
(Jewgeni Jewtuschenko; dt.: Karl Mickel) 
Eberhard Esche

A FOGGY DAY (IN LONDON TOWN)
(George & Ira Gershwin; arr. Volker Kaufmann) 
Manfred Krug (voc)
Jazz-Optimisten Berlin

EIN ÄLTERER, ABER LEICHT BESOFFENER HERR 
(Kurt Tucholsky;
aus dem Band "Deutschland, Deutschland - unter anderen",
Verlag Volk und Welt, Berlin 1957)
Sprecher: Gerd E. Schäfer 

MACKIE MESSER
(Weill; arr. Hermann Anders) 
Jazz-Optimisten Berlin

DER FLASCHENZUG
(anonym; aus dem Band "Das Tier lacht nicht", 
Eulenspiegel Verlag, Berlin 1965)
Sprecher: Manfred Krug 

NEUER ABSCHIEDSBLUES 
(Schätzke; arr. Hans Schätzke) 
Manfred Krug (voc) Ruth Hohmann (voc) 
Sprecher: Werner Sellhorn Jazz-Optimisten Berlin 

JAZZ-OPTIMISTEN BERLIN
Meinhard Lüning (tp, ld), Siegmar Schlage (tb), Joachim Teschner (cl, as), Volker Kaufmann (p), Hans Schätzke (b), Rainer Riedel (d)

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Mitschnitt einer Veranstaltung des Verlages Volk und Welt / Kultur und Fortschritt Berlin am 31. Oktober 1965 in der Berliner Kongreßhalle am Alexanderplatz
Programmgestaltung und Regie: Werner Sellhorn
Musikregie: Jürgen Lahrtz 
Tonregie: Gerhard Kossatz / Gerhard Siebholz
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COVERTEXT:
"Gute Erfahrungen wurden mit der Durchführung von Literaturfesten gemacht oder auch mit literarisch-musikalischen Veranstaltungen", sagte Walter Ulbricht 1965 in seiner Rede auf der l1. Tagung des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, als er auf die positiven Seiten unserer Kulturarbeit einging. "Den Bedürfnissen nach guter Literatur wird man noch besser Rechnung tragen können, wenn in allen Ebenen ein engeres Zusammenwirken von Schriftstellern, schreibenden Arbeitern, Bibliothekaren, Buchhändlern, Verlegen und den Lesern erreicht werden kann." Eine der erfolgreichsten und beliebtesten Iiterarisdi-musikalischen Veranstaltungsserien Mitte der sechziger Jahre war bei uns ohne Zweifel "Jazz und Lyrik" vom Verlag Volk und Welt / Kultur und Fortschritt Berlin, die seit Mai 1964 weit über sechzigmal über die Bühne ging. Doch warum sollte, fragten sich die Initiatoren, nicht auch mit der Prosa möglidi sein, was sich mit der Lyrik bewährt hatte? Gedacht, gesagt, getan: Zur Woche des Buches 1965 hatte das Nachfolgeprogramm "Lyrik-Jazz-Prosa" in der ausverkauften Kongreßhalle am Berliner Alexanderplatz Premiere. Der VEB Deutsche Schallplatten war dabei und hielt das Konzert in einem Mitschnitt fest, das nun auszugsweise als Reminiszenz an ein gelungenes Programm veröffentlicht wird.
Außer den Jazz-Optimisten Berlin, die bereits 1957 als "Blue Music Brothers" gegründet wurden, war eine Reihe beliebter Künstler zur Mitwirkung gewonnen worden. Die ausgewähiten Gedichte und Prosastücke. vorwiegend heiteren oder satirischen Charakters stammten von so prominenten Autoren wie Sostschenko, Michialkow und Tucholsky. Die Musikskala reichte vom Dixielandjazz über den Swing bis zu modernen Jazzballaden. Konnte da noch etwas "schiefgehen"? Und dennoch - als die Jazz-Optimisten mit ihrer Erkennungsmelodie den Reigen eröffneten, hatten alle den berühmten "Kloß im Hals". Aber bald war das Eis gebrochen. Schmunzeln, Lachen, Szenenbeifall der Zuhörer schon bei Manfred Krugs schnoddrig-pointiert vorgetragener Geschichte von der "Kuh im Propeller", aus der man lernen konnte, wie man Agitation nicht betreiben soll. Auch die Jazz-Optimisten hatten sich etwas einfallen lassen: In einem Jazz-Arrangement von ihrem Pianisten Volker Kaufmann präsentierten sie das russische "Lied der Wolgaschiepper" auf eine neue Weise. Und als Eberhard Esche dann übermütig den Text des Gedichtes "Der Hase im Rausch" gegen die Zudringlichkeit eines übereifrigen Fotoreporters verwendete ("Du Strohkopf willst es also wagen, mich zu belästigen . . . "), kannte das Amüsement keine Grenzen mehr. Lyrische Passagen fehlten nicht in dem Programm: Manfred Krug sang mit "My Funny Valentine" eine der schönsten Balladen des Jazz, und Annekathrin Bürger als Gastsolistin fänd die richtigen Töne für hintergründig-melancholische Lebensweisheit in Tucholskys Gedicht "Die arme Frau". Einer der Höhepunkte des Konzertes war das Kampflied der amerikanisdien Bürgerrechtsbewegung, "We Shall Overcome", gesungen von Manfred Krug und allen Mitgliedern des Ensembles "Lyrik - Jazz - Prosa". Und das Publikum stimmte begeistert ein!
Dann kam George Gershwin, oder besser: Manfred Krugs Interpretation seines Songs "A Foggy Day (In London Town)", eines "Evergreens" im besten Sinne des Wortes. Ein Evergreen der Literatur unseres Jahrhunderts ist der "Ältere, aber leicht besoffene Herr" aus der Feder von Kurt Tucholsky. Es herrschte viel Gaudi, als Gerd E. Schäfer diese Satire aus den zwanziger Jahren umwerfend komisch servierte und damit sein Debüt bei Jazz-Literatur-Veranstaltungen gab. Der zuweilen etwas überstrapazierte "Mackie Messer" aus der "Dreigroschenoper" von Brecht und Weill, vorgetragen von den Jazz-Optimisten, paßte danach sehr gut. Und wieder Manfred Krug: Bei den einander jagenden Gags der kleinen Geschichte vom Flaschenzug kam das Publikum nicht aus dem Lachen heraus. Allen Solisten des Abends war schließlich noch einmal der "Neue Abschiedsblues" gewidmet, den Ruth Hohmann und Manfred Krug zum Abschiuß mit einem für den Jazz typischen scat-Gesang brachten. Lange noch rauschte der Beifall des dankbaren Auditoriums. Das, was die zweimal tausend Premierengäste auf dem Heimweg dachten, entsprach wohl etwa dem Resümee, das eine Dresdner Tageszeitung einige Monate später nach einem ähnlichen Konzect mit Lyrik, Jazz und Prosa zog: "Solche literarisch-musikalischen Veranstaltungen entsprechen einem Bedürfnis unserer Jugend. Wir wünschen viele Nachfolger!"
Es hat viele Nachfolger gegeben. Nicht nur, daß die Jazz-Optimisten mit Manfred Krug und anderen Schauspielern auch jetzt noch - gut drei Jahre nach der Premiere - mit dem Programm "Lyrik - Jazz - Prosa" in den großen und kleinen Städten unserer Republik gastieren - auch andere Ensembles haben die Idee aufgegriffen und interessante neue Formen gefunden. Gerade der unverfälschte Jazz als eine der wertvollen Musikströmungen unseres Jahrhunderts eignet sich vorzüglich zu einer "Ehe" mit literarischen Vorträgen. Einerseits erfüllt er die Funktion der "Neutralisierung" zwischen den verschiedenen Rezitationen, andererseits hat er so viel Belebendes an sich, daß er die Konzentration der Zuhörer beim Literaturkonsum noch zu steigern und zu regulieren versteht. Die beiden Kunstgattungen beleben und ergänzen sich also gegenseitig, wobei die Einheit besonders zwischen heiterer Literatur und Jazz volksmusikalischen Charakters - wie in unserem Fall - offensichtlich wird.
Es war nicht leicht, aus dem umfangreichen Mitschnittmaterial nur so viel auszuwählen, wie auf eine Schallplatte paßt, und dabei doch den Charakter der Veranstaltung beizubehalten. Wir entschlossen uns zu einer fühlbaren Überbetonung der literarischen Beiträge gegenüber den Jazztiteln, weil Lyrik und Prosa uns doch die wesentlichsten Bestandteile des Programms gewesen zu sein schienen und weil wir nur so die Möglichkeit hatten, in unserem Querschnitt möglichst viele Mitwirkende zu Wort kommen zu lassen. Daß das nichts mit einer Unterbewertung der Musik der Jazz-Optimisten zu tun hat, versteht sich am Rande, denn ohne ihren "Rahmen" hätte die Veranstaltung gewiß nicht diesen großen Erfolg gehabt. 
Werner Sellhorn