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Litera 8 60 043 Das Wolkenschaf
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Die Weihnachtsgans Auguste 

Die 
Weihnachtsgans 
gibt's 
wieder!
siehe HIER
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Das Wolkenschaf
Erzähler

Die Weihnachtsgans Auguste
Die Mutter
Der Vater
Theres
Die Kinder
Die Gans


Rolf Ludwig
 

Antje Ruge
Theo Mack
Annemarie Hase
Elli, Gerda und Peter
Barbara Winkler-Göhler

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Das Wolkenschaf
von Fred Rodrian
Regie - Theodor Popp
Musik - Hans-Joachim Geisthardt
Mitglieder des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin
Leitung - Hans-Joachim Geisthardt

Die Weihnachtsgans Auguste
von Friedrich Wolf
Bearbeitung - Barbara Winkler-Göhler
Regie - Ingeborg Milster
Musik - Hans-Joachim Geisthardt
Instrumentalgruppe, Leitung Hans-Joachim Geisthardt

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COVERTEXT

Es war einmal, so fangen die meisten Märchen an. Unsere Geschichte beginnt anders: Christine ist ein kleines Mädchen mit blauen Augen und langen blonden Haaren. Sie wohnt mit ihren Eltern am Rande der Stadt. Aber ich will die seltsame Begebenheit von Christine und dem Wolkenschaf nicht noch mal erzählen. Ich will sagen: Wir haben es nicht mit einer vergangenen, sondern mit einer heutigen Geschichte zu tun.
Kinder fragen oft: "Wo kommen denn die Geschichten her?" Oder: "Wer schreibt denn die Geschichten?" Und: "Warum schreibt man Geschichten?"
Darauf zu antworten ist gar nicht einfach. Das ist sogar sehr schwierig, kann ich euch versichern. Und anstatt die Fragen direkt zu beantworten, möchte ich euch etwas erzählen, was sich vor gar nicht langer Zeit zutrug, als ein kleines Mädchen sehr artig zu Bett gegangen war. Das Mädchen sagte, was unzählige Mädchen und Jungen jeden Abend sagen: .,Papa, erzähl mir doch bitte ein Märchen!" Es war noch sehr früh am Abend, und der Vater erzählte das Märchen vom Rotkäppchen. Ihr wißt schon, das ist das Mädchen, das durch den Wald zur Oma geht und viel Ärger mit dem bösen Wolf hat. Es ist so ziemlich das schönste Märchen, das man sich denken kann. "Noch eins, bitte!" sagte das Mädchen. Da erzählte der Vater noch das Märchen von der Prinzessin und dem Schweinehirten. Denn dem Vater machte es Spaß, Geschichten und Märchen zu erzählen. Und das ist ein wichtiger Grund für das Entstehen von Geschichten: Man muß Spaß dran haben. Nachdem der Vater das sehr kluge und schöne Märchen von der Prinzessin und dem Schweinehirten erzählt hatte, sagte er: "Und nun gute Nacht, Fräulein Silberzeh" (das Mädchen hatte sich den Nagel vom linken kleinen Zeh mit silbernem Lack bepinselt) "gute gute Nacht!" Aber das Mädchen wollte noch nicht schlafen, denn es war noch gar nicht müde.
"Bitte, Papa" sagte es, "erzähle mir eine Geschichte, die es nicht gibt."
Gibt es das, Geschichten, die es nicht gibt? Ein bißchen gibt es ja alle Geschichten schon. Denn sie haben ja alle - auch die unwirklichsten - mit dem Leben zu tun. Stellt euch doch mal vor: Wie sollte ein Dichter das Märchen vom Schweinehirten und der hochnäsigen Prinzessin schreiben, wenn er nicht wüßte, daß es Schweinehirten und Prinzessinnen auch im wirklichen Leben gibt? Das, was zwischen den beiden geschieht das kann er sich natürlich selbst ausdenken. An das alles dachte der Vater, und die Tochter gucke ihn aufmerksam an.
Und dann begann der Vater, ein wenig stockend, zu erzählen: "Christine ist ein kleines Mädchen mit blauen Augen und langen blonden Haaren . . ." Als in der Geschichte das kleine hilflose Wolkenschaf auf die Erde gefallen war, da wußte der Vater nicht recht, was nun geschehen solle. Aber geschwind fiel ihm ein: Was wäre die Christine für ein Mensch, wenn sie nicht den Wunsch hätte, zu helfen, mit Klugheit und Mut denen zu helfen, die schwächer sind. Was wären die erwachsenen Leute für Menschen, die einem kleinen Mädchen und einem kleinen Schäfchen ihre Hilfe versagen wollten? Gleich erzählte der Vater die Geschichte weiter bis zum guten Schluß, wo der Goldfisch "danke" sagt. 
"Danke!' sagte auch die Tochter und wollte die Geschichte noch einmal hören. "Morgen", versprach der Vater. Und das Mädchen war artig und schlief sofort ein.
Der Vater aber dachte über die kleine Geschichte nach und schrieb sie auf: einmal, zweimal, immer wieder - bis er glaubte, es sei eine Geschichte, die nicht nur seiner Tochter, sondern auch anderen Kindern gefallen könnte. Ihr seht: Geschichten kann man nicht nur einfach so erzählen. Geschichten aufschreiben ist eine Arbeit.
Und keine ganz leichte. 
F. R.

Wenn man von einer Weihnachtsgans spricht, denkt man sofort an jenen knusprig gebratenen Vogel, der mit Äpfeln gefüllt und mit Rotkraut umkränzt auf der festlichen Tafel thront. Auch die Weihnachtsgans Auguste wurde vom Opernsänger Löwenhaupt zu diesem erfreulichen Zwecke erworben, und zwar lebendig und bereits im November, weil ein guter Hausvater in diesen Dingen vorsorglich sein muß. Da die Zeiten schwer waren und der Kauf ein nicht zu übersehendes Loch in die Haushaltskasse riß, glaubte der Herr Opernsänger die Ausgabe mit den Worten entschuldigen zu können: .Aber etwas muß man doch fürs Herze tun" - wobei er offensichtlich die inneren Organe verwechselte, denn wie jedermann aus Erfahrung weiß, ist Gänsebraten eine Magenfreude. Trotzdem sollte er mit diesem Ausspruch genau ins Schwarze treffen.
Kommt so ein seltener Gast ins Haus, ist man einerseits besorgt um ihn, was Unterkunft und Pflege anbelangt, damit er bis zum Tage seiner Bestimmung gesund und bei Pfunden bleibt; andererseits aber wird es nicht zu verhindern sein, daß man beginnt, Sympathien für ihn zu empfinden, besonders wenn es sich um einen so manierlichen und unterhaltsamen Gast handelt, wie in unserem Falle. Hat man aber einmal jemanden ins Herz geschlossen - sei es nun Mensch oder Tier -, will man ihn um nichts in der Welt wieder verlieren. Dieser so verständliche Wunsch war es auch, der die gesamte Familie Löwenhaupt in arge Bedrängnis brachte, stand er doch in krassem Widerspruch zu den weihnachtlichen Aufgaben der Gans Auguste.
Es ist kein Geringerer als der Dichter Friedrich Wolf, der uns diese heitere Erzählung geschenkt hat. Eine Erzählung, in der, wie in allen seinen Tiergeschichten, "die leise Melodie der Freundschaft zwischen Mensch und Tier" aufklingt. In seinem Buch "Märchen, Tiergeschichten und Fabeln" schreibt er in einem Vorwort:
"Oft fragt man mich: weshalb schreibst du - ein Mann, der wohl Wichtigeres zu tun hätte - solche Tiergeschichten? Nun, einmal schreibe ich seit vierzig Jahren stets das, was mich ringsrum auf dieser Erde befällt und bewegt, und das sind auch
die Erlebnisse mit meinem kleinen klugen Schnauzer "Bummi" und anderen Geschöpfen aus dem Nachbarreich der Tiere. Sodann glaube ich, daß diese Erlebnisse gar nicht so unwichtig sind vielmehr recht belustigend und lehrreich, und zwar nicht bloß für mich, sondern auch für andere." Und weiter: "Gewiß, wir Menschen stehen unbestritten auf der obersten Sprosse der großen Leiter. Dennoch - nicht die Menschen, die Tiere könnten sich manchmal beschweren, wenn wir einzelne Prachtexemplare unsrer Art mit ,Hundesohn' , ,alter Esel' oder ,dumme Gans' titulieren. Seien wir also nicht gar zu überheblich; und seien wir nicht achtlos oder grausam gegen die Tiere! Bedenken wir, daß in der frühen Menschheitsgeschichte Hund und Pferd unsre ersten Gefährten und Freunde waren!" . 
B. W.